KM 124 – 175 / Von Julian bis Warner Springs / Auf dem Kamm mit Sternenhimmel

Ich liege im Zelt ohne Überzelt, sehe direkt den Sonnenuntergang, in 1305 Meter Höhe. Richtige Hiker gehen sozusagen ohne Dach ins Bett, um den Sternenhimmel zu sehen! Egal wie stürmisch es wird, ich ziehe das durch. Ich werde auf keinen Fall rausgehen nachts und die 2.Haut aufbauen, wir sind im Schlangengebiet, heute mehrere gesehen. Stefanie aus Italien, sie stieß gestern Abend zu uns, musste sich völlig fertig vor uns übergeben. Sie war zwei Tage schneller als wir und stand heute vor einer Schlange auf dem schmalen Trail für eine halbe Stunde. Sie traute sich einfach nicht weiter. Dann kam ‚Jolene‘. Er warf einen Stein in die Nähe der Schlange und schon verzog sich diese. Nun trägt sie den Trailnamen ‚Snake Scout‘.

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Schlangengebiet

Wir sind heute am Tag 8 um 4 aufgestanden, um 5 kam ‚Brue Hiker‘ und brachte uns zum Trail zurück – Julia, Tabea, Merissa und mich. Merissa wuchs in Boston auf, dann ging sie nach San Diego. Vor ein paar Jahren fuhr sie in 36 Tagen mit dem Rad durch die Staaten. Seitdem arbeitet sie im Silicon Valley und entwickelt Fahrradhelme. Nach dem Trail will sie nach Portland ziehen. Wenn sie ihn schafft, könnte sie auch komplett durch die Staaten hiken und Trailschuhe testen.

Wir sind schnell, schon nach einer Stunde haben wir 2 Meilen geschafft, bergauf. Wir treffen John Johnson aus Portland und die beiden Jungs aus Texas, sie haben letzte Nacht am Berg verbracht. John scherzt wie immer wenn er mich sieht, oh ich muss weg, die Mutti kommt, da lachen alle immer und ich sage stets: John, you will see in three weeks you’re falling in love with me! Dann lachen wieder alle. Um 10 haben wir bereits 16 km geschafft! Das feiern wir! Eva überholt uns, sie ist schnell und kann länger schlafen. Aber alle sind früh dran denn es wird ein heißer Tag,

Erst bei Meile 14 gibt es Wasser. 5 Liter habe ich früh mitgenommen, so schwer war mein Rucksack noch nie. Aber die Wasserstelle ist nur ein Cache, dass heisst Trail Angels schleppen Wasserkanister auf den Trail und man weiss nie, ob genügend da ist. Wasser ist heute zwar da, aber eine 2-Meter-Schlange hat es sich vor dem Reservoir gemütlich gemacht. Wir rasten unter einem Baum, ich schlafe sogar ein halbe Stunde, im Staub, den Kopf auf meiner Sitzmatte. Eva und ich gehen weiter, es ist ein 18 Meilen Tag, mein Erster!  Julia und Tabea hadern ein wenig mit ihrem Schicksal. Seit 2011 warten sie darauf, dass in Braunschweig die Diskothek Jolly Joker wieder öffnet, nun passiert dies in 14 Tagen! Wie ich die Mädels kenne werden sie es nach dem Trail dort krachen lassen!

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Tabea, Eva, Joe, David, Merissa & Julia

Am nächsten Morgen immer noch Sturm, wir warten etwas, gehen dann aber doch um 6:30 los. Wir haben Rucksäcke an, sonst würden wir vom Berg fliegen. Die Landschaft ändert sich, wir gehen durch ein unfassbar schönes Warner Meadow.

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Warner Meadow

Das Gras simuliert im Wind Meereswellen, wir passieren die 100-Meilen-Grenze und Eagle Rock, ein Stein wie ein Adler!

Natürlich Fotosession davor! Langsam werde ich müde, wieder über 15 Meilen. Eva längt mich mit Erzählungen über Justin Bieber, Britney, Christina A. ab. Dann trampen wir nach Warner Springs zum Post Office, wo unser Paket mit Essen wartet. Ein netter Mann im VW-Bus nimmt uns mit, sein Auto ist voller Bohrmaschinen. Als wir fragen, was er für das Benzin bekommt, sagt er, wir sollen uns lieber ein Eis kaufen. Zurück fahren wir mit ‚Bru Hiker‘, ja der Driver aus Julian ist wieder da, im Auto sitzt Sören aus Schweden, grosses Wiedersehen!

Auf einer Rasenfläche vom Community-Center von Warner Springs sind Hiker willkommen, ich zähle 30 Zelte, alle, die wir auf dem Trail kennengelernt haben sind da!

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Community Center in Warner Springs

In einem alten Schulhaus verteilt eine liebe Oma Waschmittel, Zahnpasta und Salz für Fußbäder! Die Duschen funktionieren mit einem Eimer Wasser und einer Schöpfkelle! In der Schule gegenüber gibt es für alle Hiker Tacos für 5 Dollar! Noch nie war ein Schulessen so gut! Derweil wir essen beginnt ein School Bord, Probleme werden vorgetragen, wir sind weiter geduldet, mampfend und glücklich. Alex, der Aushilfskellner aus Julian, ist auch zurück auf den Trail und erzählt, wie er im Knast war, weil er fürs Drogenkartell Mexikaner in die USA geschleust hat, wie er fast drauf gegangen ist, wegen zu vieler Drogen. Nun will er sich auf dem Trail neu erfinden oder vielleicht erst mal finden!

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Mexikanisches Essen in der High School

Es ist wieder windig, dicke Wolken liegen über den Bergen, der nächste Abschnitt führt nach Idyllwild und dann kommt der Schnee. Ich hoffe, dass ich schlafen kann, irgendwie tut alles weh!

2 Gedanken zu “KM 124 – 175 / Von Julian bis Warner Springs / Auf dem Kamm mit Sternenhimmel

  1. Deine Geschichten sind soo interessant ….. und uch fühle mit Dir bei Bergauf – Strecken.
    Come on …. immer weitermachen. DSHFEAE

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Danke für die Unterstützung!